Direkt zum Hauptbereich

Legenden leben ewig

Zu Ableben von Svetozar Gligoric

Nun ja, als Fan der Schachgroßmeister vergangener Zeiten hat mir diese Nachricht gar nicht gefallen.  Der beste jugoslawische Spieler aller Zeiten ist verstorben. Diesen Titel kann ihm ja keiner mehr nehmen, das Land existiert ja nicht mehr, höchstens noch im Geiste der österreichischen Bundeshauptstadt. Über die Erfolge des oben genannten Herren will und kann ich nicht schreiben, hier sei zum Beispiel auf Wikipedia verwiesen. Im Folgenden eine wunderbare Partie des Verstorbenen, keine Gewinnpartie, aber der Gegner war ja auch keine Patzer.


[White "Gligoric, Svetozar"]
[Black "Fischer, Robert J"]

1.d4 Nf6 2.c4 g6 3.Nc3 Bg7 4.e4 d6 5.Nf3 O-O 6.Be2 e5 7.O-O Nc6 8.d5 Ne7 9.Ne1 Nd7 10.Nd3 f5

Königsindisch also, Gligoric galt ja als ein großer Experte dieser Eröffnung und praktizierte sie Zeit seines Lebens. Statt 10. Nd3 gibt es natürlich viele andere Variante, Mar del Plate mit 10. Le3 und viele Tonnen Theorie... Als Hauptzug in der nachfolgenden Position gilt nun Ld2, welchen ich aus einer Ivantschukpartie kenne.

 

 Aber in der Partie folgte nun die interessante Idee 11.exf5!?.  Gar nicht mal so doof um ehrlich zu sein. Falls der Bauer nimmt, folgt der starke Zug f4. Die entstehenden Stellungsbilder sind für Weiß meiner Meinung nach sehr einfach zu spielen. Es folgte jedoch die Alternative 11.. Nxf5. Hat natürlich auch Nachteile. Das Feld e4 ist schwach, d4 aber auch. Es folgte

12.f3 Nf6 13.Nf2 Nd4 14.Nfe4 Nh5 15.Bg5

Über Springer h5 kann man treffend streiten (bitte bei Königsindischfanatikern nachfragen!) , falls der Springer nach f4 gelangen würde, wäre de Idee gerechtfertigt, jedoch sehen wir.


15.Bg5 Qd7 16.g3!






Schaut jetzt eine bisserl blöd aus für Schwarz. Tempo für Sh5 verplempert. c5 samt Sprengung liegt in der Luft c5 selber spielen funktioniert nicht. (16...c5? 17.Nb5! Nxb5 18.cxb5 [positionelle Ruine] ). Aber nun dreht Fischer auf.

16.. h6 17.Be3 c5! 18.Bxd4 ( 18.Nb5 Nf5! 19.Bd2 a6 immer diese Zwischenzüge ) 18...exd4 19.Nb5

Bauer und die Partie eingestellt? Auf 19...Be5? folgt ja 20.f4.



Mitnichten, Fischer kontert mit einem doppelten Bauernopfer um den Läufer auf g7 zu aktivieren. Man vergleiche die Stellung oben und unten.

19.. a6! 20.Nbxd6 d3! 21.Qxd3 Bd4+ (Bxd3 21.Bxd3 Bd4+ 22.Kh1 Nxg3+ [dieses Motiv begegnet uns noch in der Partie] 23.Nxg3 Qxd6 24.Qc2 Bh3. Ich denke hier verfügt Schwarz über gute Kompensation )



Sehr schön. Heutzutage wird fast jede Partie beim Internetblitz in diesem Stil gespielt. Einziger Unterschied. Diese Stellung ist mit Absicht entstanden. Hier hätte man Fischers Spiel mit 22. Rf2! auf eine schwere Probe stellen können. Moderne Programme zeigen diesen Zug sofort an, wer gibt jedoch gerne die Qualität? Warum aber? Schwarz verliert seine Paradefigur und die beiden weißen oder in Zukunft der eine Springer werden das Feld dominieren und Weiß hat ja zwei Bauern mehr.

Es folgte jedoch

22.Kg2 ?! (Auf Kh1 folgt? Preisfrage)

22...Nxg3! Ein schöner Zug! Die taktische Rechtfertigung sei dem Leser überlassen. Trotzdem ein Diagramm.



Ich denke jedoch, dass Gligoric diesen Zug nicht übersehen hat, sondern sich auf den folgenden Zug verlassen hatte. Die forcierte Variante reicht jedoch nicht ganz zu weißem Vorteil.


23.Nxc8! 23...Nxf1 24.Nb6! Qc7! 25.Rxf1 (Warum nicht Nxa8? Preisfrage) 25...Qxb6 26.b4!


Ich denke, Gligoric glaubte nun in Vorteil zu kommen.


Zwei anschauliche Varianten, die diese These unterstreichen, seien hier angegeben.
( 26...cxb4 27.c5! Bxc5 28.Nxc5 Qxc5 29.Qxg6+ Kh8 30.Qxh6+ Kg8 31.Kh1! das gewinn sogar ich)
( 26...Rf7 27.bxc5 Bxc5 28.Rb1 mit Angriff)

Jedoch folgte in der Partie der stärkste Zug 26.. Qxb4 worauf sich Weiß zum forcierten Remisschluss mit 27.Rb1 Qa5 28.Nxc5!

( 28.Rxb7 Rf7 und schwarz konsolidiert sich mit Kg7 und behält zumindest Materialvorteil)

28...Qxc5 29.Qxg6+ Bg7 30.Rxb7 Qd4 31.Bd3 genötigt sah.



Nun hält als einziger Zug Rf4 die Stellung zusammen, sodass  32.Qe6+ Kh8 33.Qg6 mit einem gerechten Unentschieden folgte. Resümee der Partie: Ein wunderbares Kampfremis der verstorbenen Legenden. Wahrscheinlich hätte Weiß die Partie mit 22. Rf2 jedoch aussichtsreicher gestalten können. Ich ziehe dennoch meinen (imaginären) Hut! 




   


Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Ein phantastische Rettung im Bauernendspiel

Zur Zeit investiere ich meine Zeit in das hervorragende Schachbuch "Nunn's Chess Endings Volume 1" von Dr. John Nunn. Ich kann dieses Buch jedem Schachspieler ans Herz legen. Für die Entwicklung als Schachspieler ist so ein Buch bedeutend hilfreicher als jedes ausführliches  Eröffnungsbuch bei dem man am Ende die Varianten sowie wieder vergisst. Besonders hat mir die folgende Analyse gefallen, welche ich aus dem Buch entnommen und erweitert habe. Betrachten wir die folgende Stellung aus der Partie Lanchava - Fish, USSR 1988: Weiß am Zug Ein Blick reicht aus, dass Schwarz hier über bedeutende Vorteile verfügt. Aktiver König und ein Reservetempo. (Ich hoffe der Begriff ist bekannt, ansonsten dringend nachlesen.) Betrachten wir die möglichen Züge 1.hxg5, h5, K beliebig bzw. a4. Man erkennt schnell, dass die ersten beiden genannten Züge nach 1... hxg5 bzw 1...a6 zum Verlust führen, da der schwarze König über d4 bzw. f4 mit entscheidendem Vorteil eindringt. Gleiche

Neues vom Henker

Nach monatelanger Abstinenz schreib ich mal wieder ein bisserl. Schach hab ich die letzten Monate auch mal wieder gespielt, sogar ein bisserl Kohle gewonnen, welche sofort in Ben Sherman Kleidung reinvestiert wurde (Stay rude, stay rebel). Partien von mir gibts diesmal keine, sie sind zu schlecht. Aber nun folgend eine kurze Partieanalyse der Partie Knoll, Hermann (2365) - Fröwis, Georg (2329). Meiner Meinung nach eine tolle Kampfpartie des neuen österreichischen Staatsmeisters. 1.d4 d5 2.Sf3 Sf6 3.c4 e6 4.e3 c5! Ich schätze mal Hermann hat diesen Zug nicht erwartet, sonst hätte er wohl Sc3 oder g3 gespielt. 5.cxd5 exd5 6.Sc3 Sc6 7.Lb5 Ld6 8.dxc5 Lxc5 9.Se5 wieder ein etwas unglücklicher Zug, der folgende Aufzug der Dame ist zwar einfach, jedoch stark  Dd6 10.Sd3 Lb6  11.Sf4 Le6 (auf SxL schlägt schwarz wohl mit dem Bauern und steht harmonisch)12.O-O Td8 Bereitet d4 vor und dann kämpft Weiß schon um Ausgleich. 13.Le2 O-O 14.Da4 d4 15.Sb5 De5 16.exd4 Sxd4 17.Sxd4 Txd4 18.D

Interview im Schach Aktiv und Partie

Ich habe in der Jänner-Ausgabe von Schach-Aktiv ein Interview gegeben. Das Interview findet ihr nachfolgend. Eine analysierte Partie gibt es auch! [Event "AUT-chT2M 1011"] [Site "Austria"] [Date "2010.11.26"] [Round "3"] [White "Schachinger, Mario"] [Black "Webersberger, Johann"] [Result "0-1"] [WhiteElo "2356"] [BlackElo "2368"] [ECO "B00"] 1. Nf3 {Meine zweite Partie gegen Mario. In unserer ersten Begegnung zeigte mir Mario eindrucksvoll seine Spielstärke in technischen Stellungen. Deshalb war mir diesmal nach komplexem Figurenspiel.} 1. ... b6 {Der Zug ist übrigens nicht so schlecht wie die üblichen Züge Sf6 oder d5.} 2. e4 ( 2. g3 Bb7 3. Bg2 g5 {Das hab ich einmal gegen Mario Taggatz gespielt. Objektiv natürlich nicht gut, aber lustig!} ) 2. ... Bb7 3. Nc3 g6 {Der Hippo!} ( 3. ... e6 {wäre eine Alternative gewesen in eine spielbare Variante der Owen-Verteidigung zu